Physiotherapie bildet den Oberbegriff für die Krankengymnastik und die physikalischen Therapie. Als natürliches Heilverfahren nutzt die Physiotherapie natürliche Anpassungsmechanismen des Körpers, um Störungen körperlicher Funktionen gezielt zu behandeln oder als Maßnahme in der Gesundheitsvorsorge (Prävention) diese zu vermeiden.
Physiotherapie leitet sich her von:
Physis - die Natur, das Wirkliche, das Erfahrbare; physio = natürlich
Therapie - Krankheitsbehandlung
Physiotherapie stellt eine Alternative und/oder sinnvolle Ergänzung zur medikamentösen und operativen Krankheitsbehandlung dar.
Die Physiotherapie befasst sich damit, innerhalb der Bereiche Förderung, Prävention, Behandlung und Rehabilitation das Bewegungspotenzial am Menschen zu identifizieren und zu maximieren sowie allfällig bestehende Schmerzen zu therapieren.
Zur Physiotherapie gehört auch der Interaktionsprozess zwischen Physiotherapeuten und Patienten, Ärzten oder Angehörigen. Im Verlauf dieses Prozesses wird das Bewegungspotenzial eingeschätzt und es werden gemeinsam Therapieziele festgelegt, wobei physiotherapiespezifische Kenntnisse und Fähigkeiten herangezogen werden.
Die Physiotherapie bietet den Menschen Lösungsansätze, mit denen Einschränkungen und Beeinträchtigungen der Bewegungs- und Funktionsfähigkeit (durch Krankheit oder Unfall und/oder Verhaltensfehler) sinnvoll und funktionsorientiert behandelt und/oder korrigiert werden können. Dabei bezieht sich die Physiotherapie auf die Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO), welche die Gesundheit als einen Zustand des umfassenden körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht lediglich mit dem Freisein von Krankheit und Gebrechen definiert.
Warum ist Physiotherapie sinnvoll?
Physiotherapie hat den großen Vorteil, dass durch einfache, kleine Dinge, eine große Wirkung erzielt werden kann. Die Methoden der Physiotherapie sind für den Körper vollkommen unschädlich und leicht durchzuführen. Es finden keine invasiven Maßnahmen wie Operationen oder die Einnahme von starken Medikamenten statt. Im Idealfall kann nicht nur das Symptom, sondern auch seine Ursache behandelt werden, so dass ein erneutes Auftreten des Problems vermieden werden kann. Der Patient kann oft schon nach einigen Behandlungen sein Alltagsleben wieder aktiv aufnehmen.
Ein nicht ganz unerheblicher Aspekt ist natürlich der Kostenfaktor. Die Kosten für physiotherapeutische Anwendungen sind meistens deutlich niedriger als z. B. die Kosten für eine langfristige Medikamenteneinnahme. Auch haben Untersuchungen erwiesen, dass Physiotherapie in einigen Fällen nicht nur effektiver, sondern auch kostengünstiger als eine Operation ist. Längerfristige Physiotherapie kann zudem so manche Operation verhindern.
Womit wir schon bei dem nächsten Punkt wären: der Prophylaxe (Vorbeugung) von Krankheiten. Betrachtet man zuerst die Therapie von Säuglingen und Kindern, so kann man sich leicht vorstellen, dass sich die Erkrankung bei einem Kind weiterentwickelt, sogar verschlimmert. Bei rechtzeitiger Behandlung kann einem Kind viel erspart werden, manche Erkrankungen, z. B. eine Wirbelsäulenschiefstellung (Skoliose) können im Wachstums- und Reifeprozess der Kinder vollends behoben werden.
Im Erwachsenenbereich bedeutet Prophylaxe insbesondere das Erlernen von Eigenübungen und ergonomisches Verhalten im Alltag.
An wen richtet sich die Physiotherapie?
Die Physiotherapie richtet sich an Menschen mit den unterschiedlichsten Erkrankungen. Das Alter spielt dabei auch keine Rolle. Säuglinge und Kinder können genauso gut behandelt werden wie Erwachsene und ältere Menschen. Deshalb ist das Spektrum der Erkrankungen, bei denen Physiotherapie sinnvoll ist, weit gefächert.
Patienten mit Gelenk- oder Rückenbeschwerden, sogenannten orthopädischen Beschwerden, sind sehr gut in der Physiotherapie aufgehoben. Die Ursachen der Beschwerden, wie Bewegungsstörungen von Armen, Beinen, Schultern/Nacken oder Rücken, Schmerzen oder sogar Kribbelgefühlen in den Fingern werden im Rahmen eines Befundes gefunden und gezielt behandelt. Die Beweglichkeit wird erweitert, Schmerzen werden behoben und der Patient kann sein Alltagsverhalten wieder wie gewohnt ausführen (z. B. Haare kämmen, Fenster putzen, gehen, bücken, tragen).
Nach Knochenbrüchen (Frakturen) erlernen Patienten ihre Muskulatur wieder aufzubauen, verringern die Schmerzen und erlernen, das gebrochene Glied wieder zu benutzen. Des Weiteren werden alle anderen, durch Operation oder Gips behinderten Gelenke, beweglich gehalten und der Heilungsprozess unterstützt.
Patienten mit internistischen Erkrankungen (Lungenerkrankungen) erreichen nach einiger Zeit wieder mehr Leistungsfähigkeit. Sie lernen Atemtechniken, um wieder besser durchatmen zu können. Des Weiteren wird ihnen erklärt, worauf sie zukünftig achten müssen, was sie vermeiden sollten und wie sie sich selber helfen können.
Für Patienten mit Schmerzen in verschiedenen Bereichen (Kopfschmerzen, Migräne, Rücken- oder Gelenkschmerzen) bietet die Physiotherapie Erleichterung. Ursachen für die Schmerzen werden gezielt behandelt und eine erneute Schmerzprovokation wird unterbunden. Die Schmerzen lassen nach und verschwinden nicht selten vollständig. Der Patient erfährt an sich selber mehr über die Schmerzauslöser und lernt damit umzugehen, oder sie zu vermeiden (siehe auch Rückenschule).
Patienten mit neurologischen Erkrankungen (wie Schlaganfall, Spastik, Multiple Sklerose, Parkinson oder frühkindlichem Hirnschaden) sind hier besonders gut aufgehoben. Mit speziellen Behandlungsmethoden (siehe auch Bobaththerapie) wird an Problemen des Alltags gearbeitet. Dem Patienten werden Hilfestellungen zu größtmöglicher eigener Aktivität gegeben. Bei fortschreitenden Erkrankungen wird der Verlauf oft verlangsamt und für den Betroffenen kann eine bessere Lebensaktivität erreicht werden.